Das Grips-Theater in Berlin (offizieller Name: GRIPS Theater) ist ein bekanntes und angesehenes emanzipatorisches Kinder- und Jugendtheater in der Altonaer Straße, am Hansaplatz im Hansaviertel in Berlin-Mitte. Es ist “das erste Theater weltweit, das sich soziokritisch mit den Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzt und dieses Thema in originelle humoristische und musikalische Stücke einbezieht”. Nicht zuletzt durch seine Musical-Inszenierungen für Erwachsene, wie die immerwährende „Linie 1“, das „Café Mitte“ oder die Adaption von Aldous Huxleys „Brave New World“, hat es sich national und international einen Namen gemacht. Die Stücke von GRIPS wurden über 1500 Mal in rund 40 Sprachen auf der ganzen Welt aufs Neue inszeniert.
Ein wenig Geschichte
1966 wurde am Berliner Reichskabarett ein Kindertheater gegründet, “eine Studentengruppe, die Programme und satirische Skizzen kreierte, die mit aktuellen Liedern durchsetzt waren”. Volker Ludwig, der fast vier Jahrzehnte lang künstlerischer Leiter des GRIPS-Theaters war, war einer der Autoren und Mitbegründer der Gruppe, die sich als Teil der Außerparlamentarischen Opposition definierte, eine politische Protestbewegung in Westdeutschland in der zweiten Hälfte der 1960er und frühen 1970er Jahre, die einen zentralen Teil der deutschen Studentenbewegung bildete. Im Sommer 1966 begann die Gruppe am Wochenende mit Stücken für Kinder, als erstes mit dem satirisch überarbeiteten Märchen „Der Teufel mit den Drei Goldenen Haaren“.
Allmählich spielte die Gruppe mehr und mehr Stücke für Kinder, um eine Alternative zu den Märchenspielen zu bieten, die damals im Kindertheater üblich waren. Stattdessen entwickelte die Gruppe eigens für Kinder geschriebene Stücke, die sich mit Problemen von Kindern auseinandersetzen, die bis dato unzureichend oder gar nicht angesprochen wurden. 1968 schrieben Volker Ludwig und sein Bruder, der Karikaturist Rainer Hachfeld, das erste dieser Stücke mit dem Titel “Die Reise nach Pitschepatsch”. Es handelte sich um eine weibliche Protagonistin namens Millipilli, die zu einer weit entfernten Insel reist, um den Baum des Weihnachtsmanns zu retten, der von den Erwachsenen vernachlässigt wurde.
Eigenes Theater für Kinder
1969 stimmte die Gruppe zu, Kinderspiele zu entwickeln, die mehr Elemente der sozialen Kritik enthalten würden. Daraus entstand das erste sozialkritische Kinderstück mit dem Titel “Stokkerlok und Millipilli”, ebenfalls von Ludwig und Hachfeld geschrieben. Das Stück folgt einem kleinen Jungen namens Maximilian, der seine Familie und Umgebung mit Gehör zerreißendem Pfeifen zu kindgerechtem Verhalten zwingt. “Stokkerlok und Millipilli” gilt als erstes Spiel des GRIPS-Theaters und wurde zu einem großen Erfolg. Und dann inszenierten die Theater in ganz Deutschland Aufführungen des Stückes, das auch von Theatern anderer Länder adaptiert wurde. 1969 erhielt es den Gebrüder Grimm Preis von der Berliner Regierung verliehen.
Für die Kinderrechte eintreten und spielen
Das damals relativ neue Konzept eines modernen Kindertheaters mit sozialkritischen Hintergründen wurde nicht von allen begrüßt, insbesondere nicht von konservativen Kreisen. Die Betonung der Kinderemanzipation und der Kinderrechte wurde jedoch von den Autoren vollständig gefördert. Das Ensemble des Kindertheaters interviewte häufig die Kinder und Jugendlichen, die an ihren Aufführungen teilnahmen, um zu erfahren, welche Themen sie beschäftigten. Ein wiederkehrendes Thema war das damals typische Schicksal von Mädchen, die Hausfrauen werden, anstatt eine Karriere zu verfolgen, und in den 1970er Jahren entwickelte die Truppe immer mehr Stücke, die sich mit diesem Thema beschäftigten.
Ein Teil der Truppe setzt sich ab
1971 trennten sich einige der Schauspieler von der Truppe und gründeten das Kindertheater Theater Rote Grütze, um ein Sexualkunde-Spiel für Kinder zu entwickeln. Die Premiere von “Darüber spricht man nicht !!! Ein Spiel zur Sexualerziehung“ rief 1973 öffentliche Aufregung hervor. Die Schauspieler verwendeten sexuelle Tabuwörter und lehrten “Kinder, sich ihres Körpers und ihrer Körperfunktionen nicht zu schämen”. Während in Westberlin die Stadtverwaltung sie trotz heftiger Kritik von Konservativen für Grundschulklassen empfahl, durften bayerische Lehrer das Spiel mit ihren Kindern nicht besuchen.
Umzüge
Der Umzug des Kindertheaters in das Forumstheater am Kurfürstendamm löste 1972 einen Namenswechsel aus. Die Gruppe wählte den Namen Grips, ein umgangssprachlicher deutscher Begriff, der die Fähigkeit zum schnellen Verstehen beschreibt und symbolisiert, dass das Denken Spaß macht
Der Grafikdesigner und Kinderbuchautor Jürgen Spohn entwarf das passende Logo: ein schwarzes Gesicht mit einer großen Nase, die aus einer Pappschachtel mit dem Wort GRIPS herausschaut.
1974 zog das Theater an seinen heutigen Standort am Hansaplatz im südlichen Hansaviertel, einer Nachkriegs-Wohnsiedlung der Moderne. Das Gebäude wurde von den deutschen Architekten Ernst Zinsser und Hansrudi Plarre im Rahmen der Interbau-Siedlung entworfen, die 1957 für die Internationale Architekturausstellung errichtet wurde. Vor dem Einzug des GRIPS befand sich dort das Kino “Bellevue”. Das GRIPS öffnete am 30. September 1974 am neuen Standort. Die Räumlichkeiten wurden in Übereinstimmung mit der Vision der Truppe umgebaut. Wie im Forumstheater war die Bühne von Bänken umgeben, die die Schauspieler in die Mitte des Publikums stellten. Bis heute ist es möglich, das Publikum auf allen vier Seiten der Bühne zu platzieren, obwohl eine Seite normalerweise als Hintergrund verwendet wird. Da die Bühne nicht angehoben wird, sind die Besucher in der ersten Reihe auf der gleichen Ebene wie die Schauspieler. Das Theater hat eine Kapazität von 360-400 Personen. Der Eingang ist mit einem Mosaik von Karikaturen von Rainer Hachfeld geschmückt. Da das Gebäude in die U-Bahnstation Hansaplatz integriert ist, können Theaterbesucher das GRIPS bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen.